rtCGM-Syteme, also Dexcom, Freestyle Libre und seit neuestem (für Sportler) das Supersapiens dienen ja dazu, nahezu in Echtzeit den Blutzuckerspiegel überwachen zu können.
Nahezu deswegen, weil diese Systeme eben nicht den Blutzucker sondern die Glukose in der Zwischenzellflüssigkeit messen. Und genau da entsteht eine Zeitdifferenz von bis zu 15 Minuten, weil sich der Wert der Zwischenzellflüssigkeit eben langsamer verändert.
Daher zeigen die Geräte (oder Apps auf dem Smartphone) nicht genau den Glukosewert an der aktuell vorliegt. Dies würde sich nur durch blutigmessen (also den Picks in den Finger) ermitteln lassen.
Wie im diesem Artikel schon beschrieben, trage ich jetzt seit 7 Jahren rtCGM-Systeme. Angefangen als Selbstzahler mit dem Freestyle Libre, später gab es dann die Kostenübernahme durch die Krankenkasse, habe ich dann 2018 auf das Dexcom G5 gewechselt. Der Grund für den Wechsel lag darin, dass ich oft Unterzuckere und daher ein System brauchte, das mich von allein (also ohne das damalige Scannen mit einem Lesegerät beim Libre) frühzeitig warnt.
Gerade auf der Arbeit und beim Sport war das eine unglaubliche Erleichterung.
So, nun gibt es solche Systeme auch für gesunde Menschen zu kaufen. Allen voran sticht hier das Supersapiens ins Auge. Das basiert auf dem Freestyle Sense, also einer abgespeckten Version des Freestyle Libre von Abbott. Dafür hat man wohl eine eigene App gebaut und die Daten zu verwerten.
Dieses System möchte man nun Sportlern schmackhaft machen, indem man vorgibt das wenn man seinen Blutzuckerspiegel im Auge hat, höhere Leistungen machbar seien.
Und sich diese Aussicht auf höhere Leistungen lässt man sich auch gut bezahlen.
Eine 3 Monatspackung mit 7 Sensoren kostet 450 €, also pro Sensor etwas mehr als 64 €
Man spart übrigens nicht wenn man größere oder kleine Packs kauft. Der Preis pro Sensor liegt immer zwischen 64 und 65 €.
Legt man jetzt 9 Monate Saison zugrunde, schlägt das Supersapiens mit 1.230 € zu buche, hollawetter!
Der original Freestyle Libre Sensor kostet 59,90 € und wird frei verkauft, hat dann aber nicht die Supersapiens App sondern die Abbott App, welche nicht auf Sportler zugeschnitten ist. Ob man nun den original Sensor mit der Supersapiens App koppeln kann, weiß ich natürlich nicht.
Soweit erstmal die Hardware.
Nun zur Software, in dem Fall aber nicht die App, sondern die zugeführte Glukose und der Blutzuckerverlauf.
Denn was nützt es Daten zu haben, diese aber nicht zu verstehen?
So ein System will gefüttert werden. Im wahrsten Sinne des Wortes. Denn (fast) alles was man zu sich nimmt, wird früher oder später in Glukose umgewandelt um alles Treibstoff für den Körper und as Gehirn zu dienen.
Die Werte sie dann die Systeme auswerfen, sind sicher für den Laien (gesunden Menschen/Sportler) unglaublich interessant und eventuell sogar beängstigend. So ein Mars-Riegel lässt den Blutzucker auch mal gerne auf 150 mg/dL hochschnellen. Und genauso schnell wieder absinken.
Für einen Diabetiker sind solche Werte Alltag. Der hat von Morgens bis Abends damit zu tun und muss sogar die Nacht planen, damit das böse Erwachen nicht kommt oder die Nacht wegen Unterzuckerung schneller vorbei ist als geplant).
Schließlich müssen (Typ1-) Diabetiker auch noch das Insulin mitberechnen beim Essen oder Sport.
Ziel einer intensivierten konventionellen Insulintherapie (ICT) soll ja sein, einen möglichst gleichen Glukosespiegel hinzubekommen, wie bei gesunden Menschen. Das funktioniert in den seltensten Fällen so wie gewünscht. Um Glukosespitzen anzufangen eignet sich meiner Meinung nach am besten die Insulinabgabe per Insulinpumpe.
In den meisten Fällen ist die ICT doch das vermeiden von weiteren gesundheitlichen Schäden durch zu große Schwankungen den Blutzuckerspiegels.
Das Optimum zu erreichen scheitert einfach schon daran, dass die meisten Diabetiker nicht wirklich nachvollziehen können was im Körper passiert wenn man Nahrung zu sich nimmt. Und vor allem auch welche Nahrung.
Da schließe ich mich nicht aus, denn das ist eine Wissenschaft für sich. Und oft macht der Blutzucker einfach nicht das was er eigentlich hätte tun sollen.
So, und nun kommt der Sportler der so ein System tragen soll, damit er bessere Leistungen bringt.
Also wenn der sich nicht schon seit Jahren mit gesunder Ernährung auseinandergesetzt hat, braucht der gar nicht erst anfangen Sensoren zu tragen finde ich.
Wer sich nicht mit Kohlenhydraten, glykämischen Index, Glukosespeichern und noch den richtigen Pulsfrequenzen auskennt, den bringt es rein gar nichts zu wissen was er derzeit für einen Blutzuckerwert hat.
Selbst Diabetiker die schon seit Jahrzehnten mit der Krankheit leben, verzweifeln zum Teil daran vernünftige Werte hinzubekommen.
Für Spitzensportler die damit ihren Lebensunterhalt verdienen, mag so ein System ja Vorteile bringen. Die haben aber meist auch den wissenschaftlichen Background in Form von Trainern und Ernährungsberatern, welche die vorliegenden Daten dann auch in effektive Massnahmen bringen können.
Für einen Freizeitsportler ist das so gut wie gar nicht zu stemmen. Und selbst wenn er sich da einarbeitet, dauert es Monate bis er versteht wie diverse Nahrungsmittel im Körper wirken. Zumal es bei jedem Menschen vollkommen unterschiedlich sein kann.
Im Allgemeinen heißt es z.B. für Diabetiker das Weintrauben den Blutzucker hochtreiben. Ich kann die Dinger essen ohne nennenswerte Ausschläge im Verlauf.
Dazu kommt noch die Tagesform. Was an einem Tag funktioniert, klappt man nächsten gar nicht.
Meiner Meinung nach ist es sinnvoller, den Sport mit wenig Glukosespeicher zu trainieren. Also die klassischen Nüchternläufe als Beispiel.
Wenn man sich mit dem Supersapiens immer im optimalen Bereich aufhält und damit trainiert, kann der Körper im Extremfall gar keine „Notversorgung“ in Gang setzten, weil er es gar nicht gewohnt ist.
Wer sich im Wettkampf oder Training komplett leerläuft (also unter 50 mg/dL Blutzucker) dem ist eh nicht mehr zu helfen. Da reicht es doch aus, in regelmäßigen Abständen Kohlenhydrate zu sich zu nehmen, um dem Fall vorzubeugen.
Ich laufe oft mit niedrigen Blutzuckerwerten. 50-60 mg/dL sind da schon als normal anzusehen. Auch Intervalle trainiere ich in diesen Bereichen (nicht nachmachen!!)
Bei längeren Laufeinheiten (über eine Stunde) nehme ich dann auch mal Kohlenhydrate zu mir.
Sehr oft beobachte ich jedoch, dass der Körper durchaus in der Lage ist aus dem Nichts irgendwoher Glukose zu zaubern, so das der Blutzucker durchaus auch soweit ansteigen kann, das ich Insulin spritzen muss.
Nachdem ich das Ganze jetzt geschrieben habe, frage ich mich noch immer wer so ein System als Freizeit-/Hobbysportler kaufen soll?
Ist es so wichtig statt auf Platz 500 mit Platz 450 einen Marathon abzuschießen? Will man dafür über 1.500 € im Jahr ausgeben?
Seine Bestzeit auf einer gewissen Streckenlänge um ein paar Sekunden verbessern?
Wer das Geld übrig hat, kann das selbstverständlich gerne probieren.
98 % der Sportler ist aber wohl mehr geholfen, wenn sie nach Trainingsplan sich vorbereiten.
Erst wenn alles ausgereizt ist, kann man vielleicht versuchen ein kleines bisschen mehr herauszukitzeln indem man seinen Blutzucker einbezieht.
Bei Coffee & Chainrings testet man das Supersapiens derzeit. Ich bin gespannt auf das Ergebnis und deren Einschätzung.